Führungskultur an der Macromedia Hochschule

Im März 2022 wurde ich eingeladen, die Führungsmannschaft der Macromedia Hochschule bei der Entwicklung ihrer Führungskultur zu begleiten. Ein Zwischenstand.

Führungskultur Hochschule

Was ist Führungskultur?

Kultur wird gemeinhin als die Menge kollektiver Verhaltens- und Erlebensmuster beschrieben, die eine bestimmte Menge von Menschen von anderen Menschen unterscheidet. Führungskultur ist dann die Menge an gewohntem und erwartetem Führungsverhalten. Nun gehört die Kultur einer Organisation zu den Eigenschaften, über die man nicht entscheiden kann, die aber auch von alleine entstehen – sofort nach Gründung. Wie wird Kultur dann doch bearbeitbar? Hier das Vorgehen an der Macromedia Hochschule:

1. Zukunft braucht Herkunft

In einem ersten Workshop haben wir eine gemeinsame Perspektive zur Geschichte der Hochschule erarbeitet. Wenn über Kultur nie entschieden wird, so ist ein Verständnis dafür nötig, wie sie geworden ist. Erstens wird so klarer, was sie eigentlich ausmacht und wie sie Verhalten und Erwartungen formt; zum anderen geben die Faktoren ihrer Entstehung und Erhaltung auch Hinweise auf die Muster, die sie verändern und formen können.

 

Workshop Ansicht

2. Die Formulierung einer Kultur in Leitsätzen

In einem zweiten Schritt haben wir Leitsätze für die Führungskultur formuliert – in Co-Creation. Und nicht im leeren Raum, sondern an den vier Kernwerten der Hochschule orientiert: responsible, creative, entrepreneurial und open minded. Ein Leitsatz ist ein komplexitätsreduzierter Fond einer vorherigen Diskussion. Ist ein Prozess gut gedacht, werden hier auch die Mitarbeitenden in der Erstellung der Sätze und der Diskussion darum beteiligt – Führung ist zu wichtig, um sie nur den Führungskräften zu überlassen. So wird auch die spätere Anschlussfähigkeit erleichtert und gleichzeitig eine Bringschuld erzeugt. Wie bei allen Beteiligungsformaten gilt: Wird dann nicht gebracht, hätte man den Prozess lieber bleiben lassen. Finalisiert und geschliffen wurden die Sätze in einer Diskussion mit allen Führungskräften der Hochschule. Dabei wurden sie auch schon mit konkreten Verhaltensankern verlinkt – dazu gleich mehr.

Führungsleitlinien

3. Leitsätze wirksam machen

Leitsätze an der Wand formen eine Kultur nicht – sie erinnern oft nur an den Unterschied von normativem Modell und Wirklichkeit. Es ist so ein bisschen wie mit der Formulierung einer Strategie – wenn am Ende keine konkreten Maßnahmen aus ihr abgeleitet werden, dann hat sie auch keinen Impact. Um Leitsätze oder ein normatives Zielmodelll einer Kultur wirksam werden zu lassen, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten:

Von Werten zu Personalinstrumenten
  1. Verzahnung mit Personalentwicklung: eine konsequente Ausrichtung der Weiterbildungsmaßnahmen für Führungskräfte an den vier Elementen der Führungskultur. Hier hilft auch das Upskilling der Weiterbildungsdienstleister.
  2. Eine Integration der Führungskultur in die jährliche Mitarbeiterbefragung und anschließende Auswertung in den Teams und im Führungskreis gesamt. Kultur ist nicht entscheidbar – aber messbar. Am besten entlang der konkreten Formulierungen der Leitsätze. So bleiben diese salient. Und wenn ich dann als Führungskraft eine aus der Diskussion um eine der Leitsatzdimensionen entstandene Lösung bis zu einem Stichtag reporten muss, wirken sie auch auf die Arbeitswirklichkeit ein.
  3. Eine Integration in das Performance Management System der Hochschule. Ohne hier eine Grundsatzdiskussion über Sinn- und Unsinn von Incentive-Systemen aufmachen zu wollen: wenn ich sie habe, dann lenke ich damit Aufmerksamkeit. Warum also nicht der Kultur entsprechendes Verhalten belohnen? Und da hier mit Zielen gearbeitet wird: die Pflicht ein Kulturziel zu setzen ist eine weitere Möglichkeit für die Formung von Erwartungen und Lernmomenten.
  4. Das kontinuierliche Feiern von Best Practices. Wir haben ein Playbook entwickelt, in dem sehr konkrete, wertegeleitete Handlungsempfehlungen für verschiedene Arbeitsbereiche beschrieben sind. Im Anhang sind alle Mitarbeitenden und Führungskräfte der Hochschule eingeladen, konkrete Erfahrungen zu den vier Kernwerte zu posten. Besonders gute Beispiele werden zentral kommuniziert und die Kultur somit weiterhin in der Aufmerksamkeit gehalten.

Ist die Kultur damit im Sack, done that, next thing?

Nein. Kulturentwicklung ist ein kontinuierlicher Prozess, der auch ohne strukturiertes oder normatives Einwirken funktioniert. Dabei gilt für den Bereich der Kultur der Satz über die Winkelbeschleunigung des Vorstandes ganz besonders: das Verhalten der obersten Führungsebene entscheidet über den Erfolg oder Misserfolg einer Kulturentwicklung. Von der Kommunikation, dem Fokus und dem exemplarischen Verhalten leite ich ab, wie ernst es der Organisation mit den Postern an der Wand ist. Als Mitarbeiter*in spüre ich in der Resonanz meiner Führungskraft außerdem, in wie weit Kultur hier erlebbar ist oder nicht. Dabei sollte man sich auch nichts vormachen: Kultur spielt in der Liga der Paradoxien. Wohl formulierte Sätze sollten niemanden vor schmerzhaften aber nötigen Entscheidungen zum Geschäftsmodell abhalten. Kultur sichert selten das Überleben der Organisation. Aber das Commitment der Menschen, die Mitglieder der Organisation sind, und deren Leistung den Purpose der Organisation erst in die Wirklichkeit setzt.

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