Problemerhaltungssatz

Probleme lassen sich nicht lösen – aber führen.

Wer in Organisationen arbeitet, kennt das Phänomen: Kaum ist ein Problem beseitigt, taucht an anderer Stelle ein neues auf. Prozesse werden optimiert, Verantwortlichkeiten geklärt, die Organisation entwickelt – und doch wird es nie perfekt. Frei nach dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik kann man sagen:

Die Menge an Problemen in einem System bleibt stets konstant.*

*Die Frage ist dabei, wer sie hat.

Leben und Arbeit sind um Widersprüche organisiert, die sich nicht logisch lösen lassen. Should I stay or should I go now ist auf einer Party kein logisches Problem, sondern eine Frage des Zielzustands am nächsten Morgen. Das gilt auch für Organisationen – dort werden diese Zielzustände über Strategieprozesse erarbeitet. Strategie beschreibt in einer ungewissen Umwelt eine gewünschte Zukunft, die dann Entscheidungen ermöglicht. Entscheidungen lösen keine Probleme – schaffen aber Orientierung darüber, was gerade zählt. Strategie- und Entscheidungsarbeit in Organisationen sind eine Gemeinschaftsaufgabe des Führungssystems.

Gute Führungsarbeit in diesem Sinn zeichnet sich aus durch:

1. Anerkennung der Tatsache, dass es keine richtigen Entscheidungen gibt, sondern Wetten auf eine ungewisse Zukunft.
2. Die Nutzung von Mehrperspektivität, da nur unter möglichst umfassender Betrachtung der Optionslandschaft die beste Entscheidung getroffen werden kann.
3. Fehlerfreundlichkeit und iteratives Vorgehen – es ist okay, morgen zu erklären, dass die Entscheidung von gestern falsch war und warum. Trotzdem war es gut, sie gestern begründet getroffen zu haben. Be happy to change!
4. Gute Erklärungsmuster, die aus der Multipolarität der Umwelt eine Entscheidung heute herleiten und Sinn für das organisationale Dasein stiften.

Die Aufgabe von Führung ist es nicht, für eine problemfreie Organisation zu sorgen, sondern für eine Organisation, die mit ihren Problemen gut umgehen kann. Wer die Probleme dann hat? Na, das Führungssystem – da gehören sie hin.

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